Totaler Fußball

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Totaler Fußball ist ein Spielsystem im Fußball, bei dem auf jeder Position, die zuvor von einem Spieler verlassen wurde, ein anderer nachrückt. Dies führt dazu, dass alle zehn Feldspieler zusammen angreifen und alle zehn Feldspieler zusammen verteidigen. Kein Spieler muss auf seiner Anfangsposition bleiben, jeder kann nacheinander Stürmer, Mittelfeldspieler oder Verteidiger sein.

Bei dieser Spielweise können die Fähigkeiten jedes einzelnen Spielers über Sieg oder Niederlage entscheiden. Sie erfordert von den Spielern ein hohes Taktikverständnis, das benötigt wird, um die entstehenden Lücken schnell zu füllen - im besten Fall kann jeder Spieler auf jeder Position spielen. Außerdem wird den Spielern eine herausragende Technik und Physis abverlangt.

Geschichte

Der Grundstein dieses Systems wurde von Jack Reynolds gelegt, der von 1915 bis 1949 Trainer bei Ajax Amsterdam war. Rinus Michels, der früher unter Reynolds gespielt hatte und später Trainer von Ajax und der niederländischen Nationalmannschaft wurde, definierte dieses Spielkonzept, das heute als „Totaler Fußball“ (niederländisch „Totaalvoetbal“) bekannt ist, neu, um es bei Ajax Amsterdam und in der Nationalmannschaft in den 1970ern anzuwenden. Nachdem Michels zum FC Barcelona gewechselt war, verfeinerte Stefan Kovacs bei Ajax das System ein weiteres Mal. Der niederländische Stürmer Johan Cruyff wurde durch diese Spielweise bekannt.

Obwohl Cruyff in der Sturmspitze spielte, tauchte er überall auf dem Spielfeld auf, um Unheil beim Gegner anzurichten, was in der dynamischen Spielweise des Totalen Fußballs ausgenutzt werden konnte. Seine Mannschaftskameraden richteten sich nach Cruyffs Laufwegen, um entstehende Löcher zu füllen, sodass jede taktische Position zu jedem Zeitpunkt besetzt war - aber nicht immer von der gleichen Person.

Die wichtigsten Voraussetzungen, die eine Mannschaft benötigte, um mit dieser Taktik effektiv spielen zu können, waren Geschwindigkeit und die Fähigkeit, das Spiel zu beschleunigen. Ajax-Verteidiger Barry Hulshoff stellt dar, wie der Verein 1971, 1972 und 1973 mit dieser Spielweise drei Mal in Folge den Europapokal der Landesmeister gewinnen konnte: „Wir diskutierten nur über Geschwindigkeit. Johan Cruyff redete stets davon, wohin die Spieler laufen, wo sie stehen und wann sie sich nicht bewegen sollten.“

Den konstanten Positionswechsel der Spieler, der typisch für den Totalen Fußball ist, gab es wegen der Größe des Spielfeldes. „Es ging um das Erzeugen von Geschwindigkeit, das Erreichen von Geschwindigkeit, das Organisieren von Geschwindigkeit - wie Architektur auf dem Fußballfeld“, erklärt Hulshoff. Die Taktik entwickelte sich evolutionär weiter und war stets das Produkt der Zusammenarbeit der Spieler, basierte niemals auf der alleinigen Arbeit von Michels, seinem Nachfolger Kovacs oder von Cruyff. Cruyff fasste sein Verständnis vom Totalen Fußball so zusammen: „Der einfache Fußball ist der schönste. Aber einfacher Fußball ist zugleich auch am schwersten.“

Das Finale des Europapokals der Landesmeister 1972 zeigt den Höhepunkt des Totalen Fußballs. Nach dem 2:0-Sieg von Ajax Amsterdam gegen Inter Mailand schrieben die Zeitungen in ganz Europa vom „Tod des Catenaccio und Triumph des Totalen Fußballs“. Die niederländische Tageszeitung Algemeen Dagblad titelte: „Inters System vernichtet. Die Zeit des defensiven Fußballs ist vorüber“ .

Michels wurde Bondscoach vor der Fußball-Weltmeisterschaft 1974, die Nationalmannschaft bestand zum Großteil aus Spielern von Ajax Amsterdam und Feyenoord Rotterdam, aber auch der unbekannte und mit dem Totalen Fußball nicht vertraute Rob Rensenbrink, der vor allem im Nachbarland Belgien gespielt hatte, war dabei und fügte sich harmonisch in das System ein. Die Niederlande konnte in der Vor- und Zwischenrunde nacheinander Argentinien (4:0), die DDR (2:0) und Brasilien (2:0) aus dem Turnier werfen, bevor sie im Finale auf den Gastgeber Deutschland traf.

Das Finale der Weltmeisterschaft 1974 wird oft als Kampf zwischen „Totalem Fußball“ und „Totaler Disziplin“ bezeichnet. Cruyff spielte den Ball an und dieser kam über 13 Stationen innerhalb der holländischen Mannschaft wieder zu Cruyff zurück, der sich der Manndeckung durch Berti Vogts entzog und erst von Uli Hoeneß mit einem Foul knapp außerhalb des deutschen Strafraums gestoppt werden konnte. Johan Neeskens verwandelte den umstrittenen Strafstoß, Holland führte nach 80 gespielten Sekunden 1:0, die Deutschen hatten keine einzige Ballberührung. In der zweiten Halbzeit wurden Cruyffs Versuche der Spielgestaltung durch Berti Vogts' Manndeckung im Keim erstickt. Das dominierende deutsche Mittelfeld mit Franz Beckenbauer, Uli Hoeneß und Wolfgang Overath war die Basis für den 2:1-Sieg Deutschlands.

Manchmal wird auch das vom Pech verfolgte „Wunderteam“ Österreichs aus den 1930ern als die erste Mannschaft, die den Totalen Fußball praktizierte, bezeichnet. Es ist kein Zufall, dass Ernst Happel, ein talentierter österreichischer Spieler der 1940er und 1950er, in den späten 1960ern und frühen 1970ern in Holland als Trainer tätig war. Bei ADO Den Haag und Feyenoord Rotterdam vermittelte er eine revolutionäre, neue mutige Spielweise, die es so in Holland noch nicht gab. Happel war bei der Fußballweltmeisterschaft 1978, die die Niederlande erneut als Vizeweltmeister beendete, Bondscoach.

Weitere Bedeutung

Der Begriff Totaler Fußball wird verwendet, um das effektive, dominierende Spiel der Bundesrepublik in den 1970ern zu bezeichnen. Der taktische Gegenpart zum Totalen Fußball ist der italienische Catenaccio.

Berühmte Spieler

Bekannte Mannschaften

Siehe auch

el:Ολοκληρωτικό ποδόσφαιρο en:Total Football es:Fútbol Total fi:Totaalinen jalkapallo fr:Football total he:טוטאל פוטבול it:Calcio totale ja:トータルフットボール lt:Totalinis futbolas nl:Totaalvoetbal no:Totalfotball pl:Futbol totalny pt:Futebol total ru:Тотальный футбол



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