Niederländisch-deutsche Fußballrivalität

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Die Rivalität zwischen der niederländischen und der deutschen Fußballnationalmannschaft ist für beide Mannschaften die jeweils wichtigste Rivalität im internationalen Fußball. Beide Mannschaften gehören zu den besten Mannschaften der Welt; die besondere Rivalität hat sowohl historische Gründe außerhalb des Fußballs als auch eine dreißigjährige bewegte Geschichte auf dem Fußballplatz.

In ihrer gesamten Geschichte spielten beide Teams bisher 37 Partien gegeneinander; dabei gab es dreizehn Siege der deutschen Mannschaft, zehn der niederländischen Mannschaft und 14 Unentschieden.

Geschichte

Kontrahenten: Die deutsche...
... und die niederländische Mannschaft

Obwohl die zugrundeliegenden Gefühle bis zum Zweiten Weltkrieg zurückreichen, in dem Deutschland die Niederlande überfiel und besetzte, etablierte sich die Rivalität erst bei der WM 1974 in Deutschland. Die durchaus unruhige Zeit vorher erlebten Bram Appel, der als Kriegsgefangener 1943 bis 1945 für Hertha BSC spielte und daraufhin vom niederländischen Fußballverband wegen Kollaboration mit dem Feind bis 1947 gesperrt wurde, sowie Frans de Munck, der 1950 unter großen Anfeindungen in der Heimat zum 1. FC Köln wechselte.

1974 besiegte Deutschland die Niederlande im Finale. Die Niederlande, die nach 1945 fußballerisch lange bedeutungslos waren, hatten sich 1974 erstmal seit den 1930ern für eine WM-Endrunde qualifiziert. Das Team um Johan Cruyff war durch Rinus Michels' „totalen Fußball“ geprägt. Es begann als Turnierfavorit und spielte auch dementsprechend. Die deutschen Gastgeber hatten die WM hingegen nur mit mäßigen Spielen, darunter einer Niederlage gegen die DDR begonnen, und galten als Außenseiter. Im Finale selbst retteten die Deutschen ihre 2:1-Führung über die zweite Halbzeit gegen anstürmende, aber erfolglose Niederländer. Viele Niederländer empfanden die Niederlage als zweite Schmach nach der Besetzung, nachträglich oft als „Mutter aller Niederlagen“ bezeichnet.[1] Explizit feindliche Gefühle gab es im Moment des Spiels aber noch kaum; der niederländische Spieler Wim van Hanegem weigerte sich mit der Begründung, er möge keine Deutschen, das Abschlussbankett zu besuchen. Sein Vater, sein Bruder und mehrere Angehörige waren im Zweiten Weltkrieg getötet worden; er selbst sagte vor dem Turnier: "Der Hass, er war immer da. Er hat Hintergründe, die jeder kennt und die noch nicht vergangen sind. Ich würde es bis an mein Lebensende nicht verwinden, wenn wir es nicht schafften, zu verhindern, dass sie später grölen könnten, sie seien Weltmeister – und wir nicht." [2] Er war dabei aber eine Ausnahme im niederländischen Team: Franz Beckenbauer und Johan Cruyff waren persönlich befreundet, Johnny Rep und Paul Breitner wehrten sich gemeinsam gegen das Fifa-Verbot des Trikottauschs, indem sie beim Abschlussbankett Jackett und Krawatte tauschten.

Besondere Spiele

WM-Finale 1974

Paarung Vorlage:Germany BR DeutschlandVorlage:The Netherlands Niederlande
Ergebnis 2:1 (2:1)
Datum 7. Juli 1974
Stadion Olympiastadion, München
75.200 Zuschauer
Schiedsrichter John Taylor (England)
Tore 0:1 Neeskens (2.)
1:1 Breitner (26.)
2:1 Müller (43.)
BR Deutschland MaierVogts
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, Beckenbauer Kapitän der Mannschaft, Schwarzenbeck, Breitner
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Bonhof, Hoeneß, OverathGrabowski, G. Müller
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, Hölzenbein
Trainer: Helmut Schön
Niederlande JongbloedSuurbier, Rijsbergen (68. de Jong), Haan, KrolJansen, Neeskens
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, Van Hanegem
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Rep, Cruyff Kapitän der Mannschaft
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, Rensenbrink (46. R. van de Kerkhof)
Trainer: Rinus Michels


War vorher noch Belgien der wichtigste Gegner gewesen, entwickelte sich in der Folge Deutschland zum Hauptrivalen der Niederlande, die Spiele der Teams gegeneinander wurden zunehmend emotionaler. Bei der WM 1978 kam es beinahe zu einer Schlägerei zwischen Bernd Hölzenbein und Dick Nanninga, als Nanninga Hölzenbein in den Magen boxte, woraufhin Hölzenbein Nanninga an der Nase packte. Das offizielle Turnierbuch der EM 1980 bemerkte eine „seltsame Rivalität“ zwischen Deutschland und den Niederlanden, Karl-Heinz Rummenigge beschwerte sich über eine harte Spielweise der Niederländer, die mehr als einmal über das zulässige hinausginge. Unter anderem versetzte Johnny Rep dem deutschen Torhüter Toni Schumacher einen Tritt in den Magen, als beide noch eine Flanke erreichen wollten.

EM-Halbfinale 1988

21. Juni 1988 BR Deutschland - Niederlande 1:2 (0:0) - Hamburg, Volksparkstadion, 61.330 Zuschauer Torschützen: 1:0 Matthäus (55., Foulelfmeter), 1:1 Koeman (74., Foulelfmeter), 1:2 van Basten (89.) Gelbe Karten: van Breukelen Deutschland: Immel - Herget (ab 45. Hans Pflügler, Brehme, Kohler, Borowka - Matthäus, Thon, Rolff, Mill (ab. 85. Littbarski - Klinsmann, Völler Niederlande: van Breukelen - van Aerle, R. Koeman, Rijkaard, van Tiggelen - Vanenburg, Wouters, E. Koeman (ab 89. Suvrijn - Mühren (ab 59. Kieft, Gullit, van Basten

Erfolgreich Revanche für das 74er-Finale nahmen die Niederländer bei der EM 1988, wiederum in Deutschland, als die Niederländer Deutschland mit einem 2:1 in der 89. Minute im Halbfinale besiegten und später Europameister wurden. Nach dem Spiel feierten geschätzt neun Millionen der damals 15 Millionen Niederländer den Sieg auf der Straße.[3], wobei sie unter anderem "1940 kamen sie//1988 kamen wir//Holadije, holadio" sangen.[4] Die Emotionen flammten auch auf, als sich Ronald Koeman nach dem Trikottausch mit Olaf Thon mit dessen Trikot in einer demonstrativen Geste den Hintern abwischte. Darüber hinaus sprach Marco van Basten zum EM-Sieg lakonisch von einem „wunderbaren Gefühl, besonders, weil wir auf dem Weg ins Finale diese widerwärtigen Deutschen rausgeworfen haben“[5]. Nachdem die Rivalität vorher eine vor allem von den Niederländern gepflegte Angelegenheit war, entwickelte sie sich nach 1988 zu einer beiderseits gepflegten Haltung.

WM-Achtelfinale 1990

24. Juni 1990 Deutschland - Niederlande 2:1 (0:0) - Mailand, Giuseppe-Meazza-Stadion, 74.559 Zuschauer Torschützen: 1:0 Klinsmann (50.), 2:0 Brehme (84.), 2:1 Koeman (88., Elfmeter) Gelbe Karten: Völler - Rijkaard, Wouters, van Basten Rote Karten: Völler - Rijkaard Deutschland: Illgner - Augenthaler, Berthold, Kohler - Reuter, Littbarski, Matthäus, Buchwald, Brehme - Völler, Klinsmann Niederlande: van Breukelen - van Aerle, R. Koeman, Rijkaard, van Tiggelen - van 't Schip, Wouters, Winter, Witschge - Gullit, van Basten

1989 versuchten die beiden Fußballverbände die Wogen zu glätten, indem sie das Qualifikationsspiel zur WM 1990 als "Fan-Freundschaftsspiel" deklarierten. Zu dem Spiel rückten die beiden damals sehr aktiven Hooligan-Szenen beider Länder an. In der Stadt Rotterdam kam es zu stundenlangen Ausschreitungen samt einigen Schwerverletzten. Im Rotterdamer Feijenoord-Stadion verglich ein Transparent den deutschen Spieler Lothar Matthäus mit Adolf Hitler. Das Spiel selbst endete friedlich 1:1. Im Achtelfinale des Endturniers fand anschließend ein besonders denkwürdiges Spiel statt: Vor dem deutschen Sieg gab es den berühmten Spuck-Zwischenfall zwischen Frank Rijkaard und Rudi Völler, der medial intensiv diskutiert wurde: Der von Problemen im Team und mit seiner Frau gefrustete Rijkaard spuckte Völler, der zuvor ungestraft seine Zweikämpfe mit Torwart Hans van Breukelen eher leichtsinnig einging, drei Mal an; beide flogen vom Platz, Rijkaard entschuldigte sich später bei Völler. Das Spiel gewannen die Deutschen, die sich dem großen Rivalen nun auch in moralischer Hinsicht durch die Herausstellung Völlers überlegen sahen, nicht zuletzt dank der wohl besten Leistung Jürgen Klinsmanns, mit 2:1.

Allmähliches Abkühlen

Bekannte Protagonisten: Rudi Völler (D) und...
Datei:Frank Rijkaard.jpg
...Frank Rijkaard (NL)

In den Folgejahren blühte die Rivalität regelmäßig vor wichtigen Turnieren wieder auf. Beispielsweise wurde eine Umfrage publiziert, welche ein negatives Deutschlandbild unter der niederländischen Jugend offenbarte. Auch berichtete der Spiegel 1993, dass Lothar Matthäus auf dem Oktoberfest einen Niederländer mit „Ach, auch noch Holländer, das sind sowieso alles Arschlöcher, und du bist wohl vergessen worden vom Adolf“[6] beleidigte. Insgesamt sind diese Auseinandersetzungen jedoch allenfalls als gegenseitige Sticheleien zu beurteilen. Nicht selten werden diese künstlich vergrößert durch Sensationsmedien (BILD, De Telegraaf).

Nach der intensiven Rivalität bis in die frühen 1990er-Jahre ist ein niederländisch-deutsches Spiel zwar noch immer von besonderer Bedeutung; körperliche Auseinandersetzungen sind aber zu einer Seltenheit geworden. Diese Tendenz bestätigten zahlreiche Freundschaftsspiele sowie die Begegnung in der Vorrunde der EM 2004, die ohne Ausnahme anständig verliefen. Als Lothar Matthäus im Jahr 2000, ausgerechnet in Amsterdam, sein 144. Länderspiel spielte und damit einen Weltrekord aufstellte, überreichten ihm die Niederländer einen Blumenstrauß. Matthäus, der jahrelang in den Niederlanden der Prototyp des abscheulichen Deutschen gewesen war, erhielt dabei seitens der überwiegend niederländischen Fans deutlich mehr Beifall als Ablehnung.

Zur WM 2002, für die sich die Niederlande nicht qualifizierten, war „Ohne Holland fahr'n wir zur WM“ einer der häufigsten Slogans in deutschen Stadien, wie die Popularität der Website www.ihrseidnichtdabei.de zeigte. Bei der EM 2004 genoss ein "Schade, Deutschland, alles ist vorbei" Beliebtheit auf den niederländischen Rängen, nachdem die niederländische Mannschaft auf Kosten der Deutschen in das Viertelfinale gezogen war. Nach dem Ausscheiden der Niederlande bei der WM 2006 wurde von den deutschen Rängen "Ohne Holland fahr'n wir nach Berlin", eine neue Variation des Slogans, skandiert.

Aufgrund des zunehmend freundlichen Charakters der Rivalität wird diese gerne zu Werbezwecken genutzt - so in einem Werbespot zur WM 2006, in dem Michael Ballack und Oliver Kahn sagen, sie müssten noch zu den Niederländern.

Literatur

  • Ulrich Hesse-Lichtenberger: "Tor! The Story of German Football." WSC Books 2003. ISBN 095401345X
  • Henk van Houtum und Frank van Dam: Topophilia or Topoporno? Patriotic Place Attachment in International Football Derbies In: International Social Science Review, Vol. 3(2) 2002: 231-248 [1]
  • Ingo Schiweck: "Kicken beim Feind? - Der ganz alltägliche Friede hinter dem deutsch-niederländischen Fußballkrieg." Düsseldorf 2006, MaveriX. ISBN 978-3-9810957-4-6
  • David Winner: Brilliant Orange.

Weblinks

Einzelnachweise

  1. van Houtum, van Dam:244
  2. Kuper 2004
  3. van Houtum, van Dam 2002:243
  4. Kuper 2004
  5. Kuper 2004
  6. Der Spiegel No. 42 v. 18.10.1993 S. 322 zit. n. Schiweck: 5

en:Germany and Netherlands football rivalry nl:Lijst van voetbalinterlands Duitsland - Nederland pt:Alemanha vs. Países Baixos (futebol)



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